Harry Belafonte

geb. Harold George Bellanfanti Jr.
* 01.03.1927 in New York City
† 25.04.2023 in Ebenda

Angelegt am 25.04.2023
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Über den Trauerfall (4)

Hier finden Sie ganz besondere Erinnerungen an Harry Belafonte, wie z.B. Bilder von schönen Momenten, die Trauerrede oder die Lebensgeschichte.

Harry Belafonte

26.04.2023 um 10:53 Uhr von Redaktion

Harry Belafonte (* 1. März 1927 als Harold George Bellanfanti Jr. in New York City; † 25. April 2023 ebenda) war ein US-amerikanischer Sänger, Schauspieler und Entertainer. Er war auch für sein politisches und soziales Engagement als Bürgerrechtler und UNICEF-Botschafter bekannt.

Leben und Werk


Herkunft und Ausbildung
Belafonte wurde 1927 als Sohn des Matrosen Harold George Bellanfanti Sr. aus Martinique und der jamaikanischen Hilfsarbeiterin Malvene Lov im New Yorker Stadtteil Harlem geboren. Er wuchs dort im Schwarzen-Ghetto auf und zog 1935 mit seiner Mutter und seinen beiden älteren Brüdern in deren Heimatland Jamaika. 1939 kehrte die Familie nach New York zurück, wo Harry Belafonte die George Washington High School besuchte.

Während des Zweiten Weltkriegs gehörte er der US Navy an. Nach einem Theaterbesuch, bei dem der Schwarze Paul Robeson auftrat, beschloss er, Schauspieler zu werden. So nahm er Ende der 1940er Jahre an dem vom deutschen Regisseur Erwin Piscator geleiteten Dramatic Workshop der New School for Social Research Unterricht, wo zur selben Zeit auch Tony Curtis, Marlon Brando und Walter Matthau studierten; nebenher jobbte Belafonte als Fahrstuhlführer und Verkäufer.

Erste Erfolge
1954 gelang es Belafonte, sich als Schauspieler und Musiker zu etablieren, und er erhielt eine eigene Fernsehshow. Er trat zunächst mit karibischen Folksongs und Calypso-Musik auf und entwickelte sich dann zum vielseitigen Weltmusiker. Er brachte dem US-amerikanischen Publikum Miriam Makeba und den ebenfalls noch unbekannten Bob Dylan nahe. Ihm gelang mit seiner Musik die Überschreitung der bis in die 1960er Jahre hinein wirkenden Rassentrennung im amerikanischen Fernsehen, z. B. mit einem Auftritt mit Petula Clark beim Fernsehsender NBC. Seine Töchter besuchten die von dem deutschen Emigrantenehepaar Max und Gertrud Bondy geleitete Windsor Mountain School in Lenox (Massachusetts), eine der wenigen koedukativen und gemischtrassigen Schulen, die es in den 1960er und 1970er Jahren in den USA gab.

Schauspiel
Ab 1953 hat Belafonte in mehreren Kinofilmen als Schauspieler mitgewirkt, u. a. in Otto Premingers Carmen Jones (1955, einer Adaption von Georges Bizets Oper Carmen), Heiße Erde (1957), Samstagnacht im Viertel der Schwarzen (1974) und Robert Altmans Kansas City (1996), PB & J Otter – Die Rasselbande vom Hoohaw-See (1999), Bobby (2006). Als erstem Schwarzen wurde ihm 1960 ein Emmy für die Fernsehsendung Tonight with Belafonte verliehen. In den 1990er Jahren arbeitete er meist mit dem Regisseur Robert Altman (1992; The Player) zusammen. Sein schaupielerisches Schaffen für Film und Fernsehen umfasst rund zwei Dutzend Produktionen, zuletzt war er 2018 in BlacKkKlansman zu sehen.

Musik
Calypso


1950 erhielt Belafonte einen Plattenvertrag bei Capitol Records. Jedoch lehnte er die ihm vorgelegten kommerziellen Songs ab, und der Vertrag wurde aufgelöst. So versuchte er einen Neuanfang mit reinem Folksong-Repertoire, beeinflusst von der Musik der Westindischen Inseln. In diesem Rahmen trat er in einem New Yorker Nachtclub auf. Dort begeisterte Belafonte das Publikum mit seiner stilistischen Vielfalt und seinen Bühnenqualitäten, was ihm ein Engagement im berühmten Jazz-Club Village Vanguard einbrachte.

Es dauerte jedoch noch zwei Jahre, bis Belafonte 1956 mit seinem Album Calypso und dem Banana Boat Song Popgeschichte schrieb. Die karibischen Rhythmen trafen bei seinen Zeitgenossen auf offene Ohren und lösten einen Calypso-Boom aus. Belafonte war fortan der „King of Calypso“, auch wenn er dem plötzlichen Ruhm mit kritischer Distanz begegnete. Sein Album Belafonte at Carnegie Hall war drei Jahre in den Charts. Harry Belafonte stieg bis zu Beginn der 1960er Jahre zu einem der bekanntesten schwarzen Künstler auf. Weitere Hits aus dieser Zeit sind Matilda, Island in the Sun und Jamaica Farewell.

Auf seinen Tourneen hat Belafonte damals noch unbekannte Interpreten wie beispielsweise Nana Mouskouri präsentiert und so zu deren Popularität beigetragen. Sein Bühnenprogramm enthielt alles, was das Showbusiness zu bieten hat – von der internationalen Folklore über Musical bis zur Swingmusik –, was sich auch im kommerziellen Erfolg seiner Platten niederschlug: Mit über 150 Millionen verkaufter Tonträger lässt sich seine Karriere mit der von Frank Sinatra vergleichen.

Für seine Mitwirkung in John Murray Anderson’s Almanac (1953) erhielt er einen Tony Award und für die Alben Swing That Hammer (1965) und An Evening with Makeba/Belafonte (1965) einen Grammy Award. Musikalisch ließ Belafonte den Calypso danach hinter sich. Er nahm ein Gospel-Album auf, versuchte sich als Pop-Entertainer und machte auch weiterhin Folkmusik.

Spätere Erfolge

Harry Belafonte und Dianne Reeves singen 1983 im Palast der Republik in Berlin gegen den NATO-Doppelbeschluss
Zu Beginn der 1980er Jahre wandte sich Belafonte an Lionel Richie, Michael Jackson und Quincy Jones mit der Idee, eine Benefizsingle für die hungernde Bevölkerung in Afrika aufzunehmen. Daraus wurde das Projekt „USA for Africa“. In einer Session mit anderen bekannten Musikern entstand We Are the World, das sich millionenfach verkaufte. 1988 nahm Belafonte nach langer Zeit wieder ein eigenes Album auf, Paradise in Gazankulu, und tourte in der Folge wieder regelmäßig.

In den 1990ern erlebten Harry Belafonte und seine Musik ein Comeback, und die junge Generation entdeckte den „King of Calypso“ für sich. So wurden die Konzerte Belafontes zum generationenübergreifenden Erlebnis. 2002 veröffentlichte Belafonte sein Lieblingsprojekt: The Long Road to Freedom. Er hatte bereits 1954 begonnen, Songs für seine Anthologie schwarzer Musik zu sammeln – Lieder, die den „langen Weg in die Freiheit“ jener Amerikaner nachvollziehen, „die einst als Gefangene aus Afrika gekommen waren“. Diese fünf CDs beginnen mit Kriegsgesang der westafrikanischen Aschanti aus dem 17. Jahrhundert, gehen über nigerianische Kinderlieder, frühe Spirituals, kreolische Chöre aus dem Mississippi-Delta, Arbeits-, Gefängnis- und Plantagenlieder, Blues und Gospel bis zu den Balladen der großen Städte. Die Reise endet um das Jahr 1900.


Zur zeitgenössischen Musik sagte Belafonte, dass er in ihr nicht viel entdecken könne, das ihm gefalle, mit einer Ausnahme: der Rap-Kultur. Die von der unterprivilegierten schwarzen Jugend begründete Bewegung stellte für ihn eine der wichtigsten musikalischen Ausdrucksformen des 21. Jahrhunderts dar. „Die Hip-Hop-Kultur kommt aus der Bronx, aus den Armenvierteln. Musik und Texte protestierten gegen Unterdrückung, gegen Rassismus und dagegen, dass die Demokratie Amerikas nicht für alle Bürger gilt. Darum ging es am Anfang und damit wurde eine große amerikanische Folk-Tradition fortgeführt, die wir als ‚Musik des Volkes‘ bezeichnen. Die nur auf Profit und Geld bedachte Musikindustrie trat jedoch schnell auf den Plan, um diese neue Kultur zu vermarkten. Dadurch wurde ihr Inhalt korrumpiert. Sie bekam ein neues Gesicht, das von Gewalt und Materialismus geprägt war. Interessant ist, dass viele junge Leute, mit denen ich zu tun habe, jetzt diese Musik zu ihren ursprünglichen Wurzeln zurückholen wollen. Das macht mir viel Mut.“

Politisches und soziales Engagement


Harry Belafonte wurde an der Seite seiner Freunde Martin Luther King und Robert F. Kennedy zum Bürgerrechtler und engagierte sich gegen Apartheid und den Vietnamkrieg. So unterstützte er in den 1950er Jahren eine Stiftung, die Afrikanern durch Stipendienvergabe ein Studium in den USA ermöglichte. Ein Stipendiat war der Kenianer Barack Obama Senior, dessen Sohn Präsident der USA wurde.

Mit dem Einsatz für die schwarze Bürgerrechtsbewegung, seinem humanitären Engagement und als Aktivist der Friedens- und Anti-Atomkraft-Bewegung machte sich Belafonte durch Auftritte in der ganzen Welt einen Namen. Belafonte trat auch auf Friedensdemonstrationen in Deutschland auf und setzte sich in der Zeit der griechischen Militärdiktatur für den verfolgten Komponisten Mikis Theodorakis ein.

Das Geld, das er mit Werbung für Kaffee einnahm, spendete er der Indianerbewegung, von seiner ersten verdienten Million baute er ein Krankenhaus für Arme. Ab 1987 war er Botschafter des Guten Willens der UNICEF. 2016 unterstützte er im Vorwahlkampf die Kandidatur von Bernie Sanders bei der Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten.

Privates


Harry Belafonte war von 1948 bis 1957 mit Marguerite Byrd verheiratet. Aus dieser Ehe stammen zwei Töchter, darunter die Schauspielerin und Sängerin Shari Belafonte. Danach war er 47 Jahre lang mit der Tänzerin und Schauspielerin Julie Robinson verheiratet. Sie bekamen einen Sohn und eine Tochter. 2008 heiratete er die Fotografin Pamela Frank.

Harry Belafonte starb im April 2023 im Alter von 96 Jahren in Manhattan an Herzversagen.

Zitate
1983: „Die Leute, die uns die Bürgerrechte absprechen, sind genau die gleichen, die den Weltfrieden ablehnen.“
Oktober 2002: Bezeichnung Colin Powells als „Haussklave“ von Präsident George W. Bush.
Dezember 2002 auf Kuba: „Es dürfte schwer sein, ein Land zu finden, das mehr Wert legt auf die Kultur seiner Menschen und die Entwicklung dieser Kultur als Kuba."
Januar 2006 in Venezuela: „Bush ist der größte Terrorist der Welt.“ „Millionen unterstützen (den Sozialisten) Chávez.“
Januar 2006: „Wir sind in einer dunklen Zeit angelangt, wo die neue Gestapo des Innenministeriums lauert, wo Bürgerrechte aufgehoben werden.“
Februar 2007: „Sie sind ein überzeugter Gegner des Irakkrieges, kämpfen offensiv gegen George W. Bush.“ Darauf Belafonte: „Das ist mein liebstes Hobby. Wer gibt uns das Recht, die Menschen im Irak zu töten? Bush behauptet, dass Amerika zum ersten Mal Terroristen jagt – dabei ist Terrorismus ein Teil des amerikanischen Systems. Amerika hat ein ganzes Volk vernichtet, die Indianer. Das ist Terror.“

 

26.04.2023 um 10:53 Uhr von Redaktion
Foto   für Harry Belafonte

26.04.2023 um 10:52 Uhr von Redaktion
Foto   für Harry Belafonte

26.04.2023 um 10:52 Uhr von Redaktion

Filmografie
1953: Bright Road – Regie: Gerald Mayer (mit Dorothy Dandridge)
1954: Carmen Jones – Regie: Otto Preminger (mit Dorothy Dandridge und Diahann Carroll)
1957: Heiße Erde (Island in the Sun) – Regie: Robert Rossen (mit James Mason, Joan Fontaine, Dorothy Dandridge und Joan Collins)
1959: Die Welt, das Fleisch und der Teufel (The World, the Flesh and the Devil) – Regie: Ranald MacDougall (mit Inger Stevens und Mel Ferrer)
1959: Wenig Chancen für morgen (Odds Against Tomorrow) – Regie: Robert Wise (mit Robert Ryan, Shelley Winters und Gloria Grahame)
1970: Ein Engel namens Levin (The Angel Levine) – Regie: Jan Kadar (mit Zero Mostel)
1971: Der Weg der Verdammten (Buck and the Preacher) – Regie: Sidney Poitier (mit Sidney Poitier)
1974: Samstagnacht im Viertel der Schwarzen (Uptown Saturday Night) – Regie: Sidney Poitier (mit Sidney Poitier und Bill Cosby)
1984: Beat Street – Regie: Stan Lathan (Harry Belafonte als Produzent)
1992: The Player – Regie: Robert Altman (mit Tim Robbins, Whoopi Goldberg, Greta Scacchi)
1994: Prêt-à-Porter – Regie: Robert Altman (mit Marcello Mastroianni, Sophia Lore, Julia Roberts und Jean-Pierre Cassel)
1995: Straße der Rache (White Man’s Burden) – Regie: Desmond Nakano (mit John Travolta)
1996: Kansas City – Regie: Robert Altman (mit Jennifer Jason Leigh und Miranda Richardson)
1999: Swing Vote – Die entscheidende Stimme (Swing Vote) – Regie: David Anspaugh (mit Andy García)
2006: Bobby – Regie: Emilio Estevez (mit Joy Bryant, Nick Cannon und Emilio Estevez)
2011: Sing Your Song – Regie: Susanne Rostock (Dokumentarfilm über Harry Belafonte)
2018: BlacKkKlansman – Regie: Spike Lee (mit John David Washington und Adam Driver)
Ehrungen
Für seine Bemühungen erhielt Harry Belafonte zahlreiche Preise und Anerkennungen:

1985 bekam er einen Grammy
1988 erhielt er den Leader for Peace Award des Peace Corps.
2006 erhielt Belafonte den BET Humanitarian Award (Black Entertainment Television).
Am 15. Februar 2011 wurde er mit dem Ehrenpreis von UNICEF für sein soziales Engagement ausgezeichnet.
2013 ernannte ihn Amnesty International zum „Botschafter des Gewissens“.
Am 6. März 2014 wurde Belafonte zum Ehrendoktor des Berklee College of Music ernannt
Am 8. November 2014 erhielt er den Ehrenoscar der Academy of Motion Picture Arts and Sciences für sein Lebenswerk und seinen Einsatz für die amerikanische Bürgerrechtsbewegung.
2020 erhielt er den Lebenswerk-Preis der Los Angeles Film Critics Association


Literatur
Autobiografie

Harry Belafonte, Michael Shnayerson: My Song: A Memoir. Knopf, New York 2011, ISBN 978-0-307-27226-3.
deutsch von Kristian Lutze: My Song: Die Autobiographie. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2012, ISBN 978-3-462-04408-9.
Gespräche und Interviews

Harry Belafonte: Was mich bewegt; Gespräche mit Günter Amendt. Konkret Literatur, Hamburg 1982 u. ö., ISBN 3-922144-17-9.
Gero von Boehm: Harry Belafonte. 17. Juni 2003. Interview in: Begegnungen. Menschenbilder aus drei Jahrzehnten. Collection Rolf Heyne, München 2012, ISBN 978-3-89910-443-1, S. 389–396.


Biografisches

Barry Graves: Harry Belafonte. In: Rock Lexikon. Rowohlt Taschenbuch, Reinbek 1998 & 2003, ISBN 3-499-16353-5.
Günter Koch: Ein Junge aus Harlem, Harry Belafonte. Brandenburgisches Verlagshaus, Berlin 1990, ISBN 3-327-00849-3.

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